Straffe, jugendliche Haut und weniger Falten. Kollagen ist in aller Munde. Die Schönen und Reichen in Hollywood lassen es sich unter die Haut spritzen, für den Rest gibt es Pulver, Cremes & mehr. Halten sie, was sie versprechen?
Wadim Matsenyuk ist einer von 150 TÜV-zertifizierten Personal-Trainern in Deutschland, studierter Sportwissenschaftler, Host des BeStrong Podcasts und Gründer von BeStrong.
Kollagenpulver sind Nahrungsergänzungsmittel, die dem Körper Kollagen zuführen. Kollagen (oder Collagen) ist ein körpereigenes Eiweiß, das u.a. für die Elastizität der Haut wichtig ist. Ab dem 25. Lebensjahr nimmt die Kollagenproduktion im Körper ab - die Haut wird schlaffer. Kollagen-Pulver wollen dem entgegenwirken. Aber funktioniert das wirklich?
Kollagen kommt im Körper sehr häufig und in vielen (ganze 28!) Varianten vor. Ca. 30% der gesamten Proteinmasse im Körper ist Kollagen. Es ist damit unser häufigstes Eiweiß und deshalb an vielen Körperteilen & -prozessen beteiligt. (Di Lullo 2002)
Kollagen Typ 1, die häufigste Form von Kollagen, ist verantwortlich für die Elastizität der des Bindegewebes, und damit wichtig für Haut, Muskeln, Knorpel, Bänder und Sehnen. Die Schönheitsindustrie bewirbt Kollagen-Produkte hauptsächlich als Lösung für straffere Haut und ein insgesamt jüngeres Erscheinungsbild.
In zahlreichen Online-Shops liest man häufig Formulierungen wie: “trägt zum natürlichen Strahlen der Haut bei” oder “trägt zu einem normalen Hautbild bei”. Die sagen erstmal wenig aus und sind schwer angreifbar. Denn was versprechen sie schon? Je nach Auffassung können sie jedoch suggerieren, dass ein normales Erscheinungsbild der Haut ohne sie schwierig zu erreichen sei.
Oft beziehen sich die Hersteller dabei auf bestimmte Inhaltsstoffe, die im Körper gebraucht werden, um die Haut zu erhalten. Leider wird ihre Bedeutung oft übertrieben oder aus dem Zusammenhang gerissen. Wissenschaftlich ist nicht belegt, ob diese Stoffe nach ihrer Einnahme im Körper so verwendet werden, dass sie die gewünschte Wirkung entfalten.
Kollagen-Pulver (Hydrolysate) werden oft in Wasser aufgelöst und dann als Shake getrunken. Dem Körper soll so zusätzliches Kollagen gegeben werden, da er selbst mit zunehmendem Alter immer weniger davon produziert (ca. -1% pro Jahr).
Wissenschaftler und die Stiftung Warentest weisen darauf hin, dass Kollagen-Pulver keine belegbaren Schönheits-Effekte haben. Man sollte sich von der Einnahme nicht erhoffen, weniger oder langsamer Falten zu bekommen oder gar bestehende Falten auszumerzen.
Damit Kollagen nach der Einnahme im Körper wirken kann, muss es an den Bestimmungsort transportiert werden, z.B. die Haut. Ob das passiert, ist völlig unklar. Der Körper zerlegt das Kollagen in seine Einzelteile und verwendet diese dann nach Bedarf.
Es gibt am Markt eine Vielzahl an Anbieter für Kollagenpulver. Hier eine Liste mit bekannten Marken und deren Preisen:
Kollagen entfaltet seine Wirkung im Körper nur dort, wo es ist. Kollagen in der Haut sorgt dafür, dass sie, grob gesagt, schön straff und dehnbar ist. Damit Kollagen-Pulver Falten vorbeugt, müsste es also über den Darm aufgenommen und dann in die Haut transportiert werden. Dieser Ablauf ist wissenschaftlich nicht belegt.
Es gibt Studien, die suggerieren, dass Kollagen vom Darm tatsächlich absorbiert wird. Dabei wird es jedoch in seine Bestandteile zerlegt (1, 2). Wo diese Bestandteile hinwandern und ob daraus Kollagen gebildet wird, ist dem Körper überlassen.
Veganes Kollagen gibt es nicht, denn Kollagen wird im Körper von Menschen und Tieren erzeugt. In Beauty-Produkten kommt es häufig aus Schlachtabfällen und Fischresten. Deshalb ist z.B. auch in Wurstwaren, wo ebenfalls tierischer Abfall verarbeitet wird, recht viel Kollagen enthalten.
Was als veganes Kollagen beworben wird, ist eine bestimmte Mischung aus den Bausteinen von Kollagen (meist die Peptide Glycin und Prolin, seltener auch Hydroxyprolin). Theoretisch kann der Körper diese Stoffe zur Produktion von Kollagen nutzen. Ob er das tut, ist allerdings seine Entscheidung.
In speziellen Fällen wird Kollagen aus pflanzlichen Stoffen wirklich künstlich hergestellt. Z.B. in der Medizin, für bestimmte Operationen. Für Lebensmittel, also auch bei Nahrungsergänzungsmitteln, ist dieses Verfahren aber nicht zugelassen.
Neben Kollagen-Pulver gibt es auch ein großes Angebot an Kollagen-Cremes. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass hier nicht das Kollagen den Effekt erzielt, sondern die zusätzliche Feuchtigkeit, welche auch durch normale Hautcremes gegeben ist. Per Creme aufgetragenes Kollagen gelangt nicht ins Bindegewebe der Haut, wo es gebraucht würde, um eine Wirkung zu entfalten.
Auch im Zusammenhang mit Muskelaufbau wird Kollagen gerne beworben. Dafür ist es aber kaum geeignet. Denn Kollagen fehlt eine essenzielle Aminosäure: L-Tryptophan. Der Körper kann ohne sie keine kollagenfreien Proteine herstellen, die er für Muskelgewebe dringend braucht. U.a. darum hat Kollagen eine Proteinqualität von 0, also sehr niedrig. (Phillips 2016)
Die Einnahme von Kollagen erschwert somit gewissermaßen den Muskelaufbau. Es wäre sinnvoller, möglichst viel hochwertiges Protein einzunehmen, vollhochwertiges Protein (z.B. Whey oder Fleisch).
Wissenschaftsexperten und Ärzte raten vorerst von einer regelmäßigen oder dauerhaften Einnahme von Kollagen ab. Fehlende Langzeitstudien und Untersuchungen zu Folgen einer Überdosierung machen es schwer, das Risiko abzuschätzen.
Das größte bekannte Risiko von Kollagen-Pulver sind Allergien oder Unverträglichkeiten, die im Einzelfall durch deren Inhaltsstoffe ausgelöst werden.
Für Nahrungsergänzungsmittel mit (veganem) Kollagen konnte bisher in klinischen Studien keine solide belegbare Wirkung nachgewiesen werden. Durch die Verwendung ist nicht zu erwarten, dass du weniger Falten bildest, deine Haut jünger und straffer aussieht, oder der Muskelaufbau unterstützt wird.
Heißt: Du machst nichts falsch, das Produkt wirkt nach aktueller Studienlage einfach nicht.
Kollagen-Pulver strafft weder die Haut, noch wirkt es verjüngend oder hilft beim Muskelaufbau. Soweit zumindest die aktuelle wissenschaftliche Bewertung. Falls du ein Kollagen-Pulver zu diesem Zweck kaufen möchtest oder schon nimmst, kannst du getrost damit aufhören. Bis auf einen Placebo-Effekt hast du vermutlich nichts zu gewinnen.
Leider kommen immer mehr Produkte auf den Markt, die Kollagen in diesem Zusammenhang vermarkten. Unsere klare Empfehlung: Finger weg!
Experten raten davon ab, regelmäßig oder langfristig Kollagen einzunehmen. Kollagen wird überwiegend aus tierischen Abfällen produziert. Du weißt also nicht, was du unbemerkt zusätzlich in dich hinein beförderst.
Wirkungsvoller kann man die Haut so unterstützen:
Laut aktueller Studienlage ist nicht anzunehmen, dass die Einnahme von Kollagen in Form eines Pulvers ernsthafte Schönheitseffekte bietet. Kollagen wird bei Einnahme im Verdauungstrakt in seine Einzelteile zerlegt, und dann vom Körper so verwertet, wie er es für richtig hält. Wir wissen also nicht, ob er daraus neues Kollagen bildet und ob es dort landet, wo es gebraucht würde (z.B. der Haut).
Kollagen wird derzeit von der Schönheitsindustrie sehr stark vermarktet. Leider sind die versprochenen Effekte aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar. Achte lieber insgesamt auf gute Ernährung, genügend Schlaf und einen gesunden Lebensstil. Damit tust du deiner Haut und deinem Körper insgesamt einen deutlich größeren Gefallen.
Gute Alternativen zu Kollagen liegen auf der Hand: Genügend Schlaf, wenig Stress, gesunde Ernährung, Rauchen und Alkohol vermeiden, genügend Sauerstoff und Bewegung. Also zusammengefasst: ein guter Lebensstil wird sich viel positiver auf dein Erscheinungsbild auswirken, als die Einnahme von Kollagen es jemals könnte.
Quellen:
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